Klarheit bei der Arbeitszeiterfassung: Die Entscheidungsgründe zum Stechuhr-Urteil des BAG
in unserem Newsletter vom 06.10.2022 haben wir Sie über das sogenannte Stechuhr-Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 13. September 2022 informiert. Darin hatte das BAG eine Pflicht des Arbeitgebers zur Arbeitszeiterfassung aus dem derzeit bereits geltenden Recht abgeleitet.
Die vom BAG hierzu herausgegebene Pressemitteilung, hat viele Fragen über die praktische Umsetzung dieser bereits bestehenden Arbeitszeiterfassungspflicht aufgeworfen. Klarheit erhoffte man sich daher von der damals noch nicht veröffentlichten Urteilsbegründung. Diese mit Spannung erwartete Urteilsbegründung wurde Ende des Jahres 2022 veröffentlicht.
Wir erklären Ihnen nun, worauf Sie als Arbeitgeber künftig achten müssen:
- Arbeitgeber sind bereits jetzt verpflichtet, ein System zur Arbeitszeiterfassung einzuführen. Derzeit sind aber noch keine Bußgelder bei Verstößen zu befürchten.
- Erfasst werden müssen Beginn, Ende und damit Dauer der Arbeitszeit, einschließlich der Überstunden; auch die konkreten Pausen. Ein pauschaler Pausenabzug ist wohl nicht möglich.
- Eine elektronische Arbeitszeiterfassung ist nicht erforderlich. Die Arbeitszeit kann auch auf einem händischen Stundenzettel erfasst werden. Die Wahl des Zeiterfassungssystems liegt beim Arbeitgeber, der hierbei die Besonderheiten seines Unternehmens, wie insbesondere die Anzahl seiner Mitarbeiter, und der Tätigkeitsbereiche seiner Mitarbeiter berücksichtigen darf.
- Das Zeiterfassungssystem muss nicht für das gesamte Unternehmen einheitlich sein, sondern kann für die verschiedenen Arten von Tätigkeiten unterschiedlich ausgestaltet werden.
- Die Pflicht zur Aufzeichnung der Arbeitszeiten kann der Arbeitgeber auf die Beschäftigten übertragen.
- Es besteht wohl keine Verpflichtung zur Arbeitszeiterfassung leitender Angestellter und somit auch erst recht nicht zur Erfassung von Arbeitszeiten von Geschäftsführerinnen und Geschäftsführern.
- Es ist davon auszugehen, dass auch künftig noch die sogenannte Vertrauensarbeit möglich ist, bei der sich die Mitarbeiter die Arbeitszeit frei einteilen können, jedoch müssen auch diese Mitarbeiter künftig ihre Arbeitszeit erfassen.
- Der Arbeitgeber muss nicht nur ein System zur Dokumentation der Arbeitszeiten zur Verfügung stellen, er ist auch verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass dieses Arbeitszeiterfassungssystem tatsächlich genutzt wird. Wir empfehlen Ihnen daher, Ihre Mitarbeiter schriftlich zur Nutzung des Arbeitszeiterfassungssystems zu verpflichten und dies auch stichprobenhaft zu kontrollieren.
Die Urteilsbegründung des BAG schafft zwar in einigen Punkten Klarheit im Hinblick auf die Umsetzung der Arbeitszeiterfassung, lässt aber weiterhin einige Fragen offen. Insoweit obliegt es dem Gesetzgeber, diese Lücken zu schließen. Es bleibt daher abzuwarten, ob der Gesetzgeber auf der Grundlage des Urteils des BAG das Arbeitszeitgesetz anpasst.