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Scheinselbstständigkeit – ein Thema mit Fußangeln
Gerade kreative Freelancer werden immer wieder für Einzelprojekte gesucht, die keinen Arbeitsplatz im klassischen Sinne rechtfertigen. Viele Unternehmen wollen sich aus vielerlei Gründen von einzelnen Mitarbeitern trennen, deren Erfahrungen aber freiberuflich weiter nutzen. Dieser Wunsch wird auch von Mitarbeitern gestellt, die persönliche Freiräume für sich nutzen wollen. In allen Fällen sind aber die Fußangeln bei Steuern und Sozialabgaben zu beachten. Einen typischen Fall hatte jüngst das Landessozialbericht in Hessen zu entscheiden.
Nachdem ein Journalist mehrere Jahre als Chefredakteur bei einem Verlag angestellt war, schloss er mit diesem einen Vertrag über eine „Anstellung als freier Mitarbeiter“. Er sollte als freier Redakteur bei der Erstellung eines 6-mal jährlich erscheinenden Magazin mitwirken. Als monatliches Honorar wurden 2.800 EUR vereinbart. Der in Frankfurt ansässige Verlag beantrage eine Statusfeststellung. Der Journalist sei nunmehr selbstständig tätig. Die Deutsche Rentenversicherung entschied hingegen, dass weiterhin ein abhängiges sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorliege. Die hiergegen von dem Verlag und dem Journalisten erhobenen Klagen wies das Sozialgericht ab. Für eine abhängige Beschäftigung sprächen insbesondere das fehlende unternehmerische Risiko und die Honorarvereinbarung. Zudem habe der Journalist nur hinsichtlich des Inhalts der Magazinbeiträge einen Freiraum gehabt.
LSG: Pressefreiheit zu berücksichtigen
Das Hessische Landessozialgericht (LSG) hob das erstinstanzliche Urteil auf und stellte fest, dass die Tätigkeit nicht sozialversicherungspflichtig sei. Die redaktionelle Tätigkeit eines Journalisten könne sowohl im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung wie auch als Selbstständiger ausgeübt werden. Es sei auch weit verbreitet, dass redaktionelle Beiträge durch freie Mitarbeiter erbracht würden. Bei der Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status sei die grundrechtlich geschützte Pressefreiheit zu berücksichtigen. Aufgrund der verfassungsrechtlichen Vorgaben könne ein grundsätzlicher Bedarf an Beschäftigung in freier Mitarbeit insbesondere bei redaktionell verantwortlichen Mitarbeitern bestehen. Hierzu gehörten insbesondere die Mitarbeiter, „die in nicht unwesentlichem Umfang am Inhalt des redaktionellen Teils der Zeitung gestaltend mitwirken“.
Journalist vor Änderung seiner Tätigkeit abhängig beschäftigt gewesen
Bei einem Chefredakteur könne eine abhängige Beschäftigung vorliegen. So sei es auch bei dem Journalisten vor der Änderung seiner Tätigkeit gewesen, als er noch für mehrere Verlagsprodukte zuständig und überwiegend in den Geschäftsräumen des Verlags tätig gewesen sei. Mit der vertraglichen Änderung sei der Journalist jedoch nicht mehr als Chefredakteur tätig gewesen. Vielmehr sei er seither lediglich für die Erstellung redaktioneller Beiträge für ein 6-mal jährlich erscheinendes Magazin zuständig und arbeite überwiegend außerhalb der Redaktionsräume des Verlags. Die Vergütung richte sich auch nicht nach einem festen Stundenlohn. Vielmehr habe man eine Pauschale vereinbart. Reisekosten seien zudem nicht vergütet worden. Schließlich sei der Journalist weitgehend weisungsfrei tätig und nur in dem Umfang in die Betriebsabläufe des Verlags eingegliedert gewesen, „wie das für die Nutzung der von ihm gelieferten Beiträge zur Zeitschrift zwingend erforderlich war“.
Quelle: LSG Hessen, 24.11.2022 – L 8 BA 52/19
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